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Wer dieses Wissen besitzt, besitzt nicht nur die Vergangenheit sondern auch die Zukunft.

QUELLEN

40 zit.n. http://www.zeit.de/digital/datenschutz/2014-07/facebook-ueberwachung-innenministerium, aufgerufen am 31.01.2015
41 zit.n. http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/sascha-lobo-das-internet-ist-nicht-das-wofuer- ich-es-gehalten-habe-12747989.html, aufgerufen am 31.01.2015
42 vgl. http://www.zeit.de/2008/04/OdE13-Wissen/seite-2; Aufgerufen am 01.02.2015
43 Zahl: http://www.itespresso.de/2009/01/14/google-der-stille-skandal-eweek/, aufgerufen am 08.02.2015

Empfohlene Hyperlinks

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GEDANKEN ZUR CLOUD

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DIGITAL MONSTERS DO NOT BLEED

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DATENTRANSFER

Big Dog by Boston Dynamics / https://vimeo.com/user412796

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Da sich das Internet in den letzten Jahren zur Nummer eins der digitalen Medien entwickelt hat und somit beinahe zum Synonym unserer modernen Informationsgesellschaft geworden ist, sollen dem World Wide Web ein paar einleitende Worte gewidmet werden: Der PC (Personal Computer) wurde für Kriegszwecke im 2. Weltkrieg entwickelt und fand in den 70er Jahren erstmals Einzug in private Haushalte. Der zweite große Schritt – im Bezug auf das Internet wie wir es heute kennen – war die Entwicklung des »world wide web«. Dabei handelte es sich anfangs um ein System von elektronischen Hypertext-Dokumenten – den uns bekannten Websiten. Hyperlinks verknüpfen die Seiten untereinander und werden mittels eigener Internet-Protokolle (HTTP - hyper text transfer protocoll, https, usw.) übertragen. Bereits bei den ersten, relativ einfachen Website kann von sogenannten »Hypermedien« gesprochen werden: Die einzelnen Seiten bestehen neben Text auch aus Bildern, grafischen Elementen, Tondokumenten und Videodateien. Mit dem Web 2.0 wurden ab den 2000er Jahren Webseiten populär, bei denen die UserInnen aktiv mit einbezogen wurden. Es fand also eine Transformation vom passiven Informationskonsumenten (diskursive Medien) hin zum aktiven (dialogische Medien)Teilnehmer statt. Es wurde einfacher möglich neue Inhalte selbst zu publizieren und in den aufkommenden sozialen Netzwerken zu teilen.

Die letzte und bis heute aktuelle Markierung stellt die Bezeichnung »Web 3.0« (das semantische Web) dar. Diese Ära bezeichnet sich dadurch, dass das User-Verhalten jedes einzelnen aufgezeichnet und analysiert wird. Ziel dabei ist es die erworbenen Informationen von Maschinen interpretieren und auswerten zu lassen. Informationen über Orte, Personen, Dinge, etc. sollen mit Hilfe des »semantischen Web« auf Basis der Inhalte miteinander in Beziehung gesetzt werden können – somit soll der User mittels Datenauswertung seines Surfverhaltens bei Suchanfragen unterstützt werden und schneller die für ihn/sie passenden Informationen finden. Nun stellt sich allem voran die Frage, was das Medium des »Internet« mit unserem Gedächtnis anstellt. Können wir von einem neuen Archiv des Wissens sprechen?

INTERNET / BIBLIOTHEK
Das Internet könnte man als eine große moderne Bibliothek bezeichnen. Eine Dienstleistungseinrichtung, die ihren Benutzern Medien zur Verfügung stellt, für sie vorselektiert und gezielt weglässt. Dabei macht das Internet keinen genauen Unterschied zwischen wissenschaftlicher Information und Unterhaltung (Zerstreuung) – die Grenze ist fließend. Mit dem Einzug des Web 2.0 hat sich das Medium vom »Amphitheaterdiskurs« in einen »Netzdialog« transformiert. Jeder kann publizieren, ignorieren, verbreiten – schlicht weg teilhaben. Im Bezug auf das kulturelle Gedächtnis nimmt das Internet ebenfalls eine neue, tragende Rolle ein: Durch Digitalisierung, neue Datenträger, neue Formate in Film- und Fernsehen – also durch die Bewegung hin zu einer immateriellen Kultur, bleibt auch vieles auf dem Weg dorthin auf der Strecke, geht verloren. Abseits von Extrembeispielen (McMoon), führt uns der Daten- und Formatwechsel in eine teilweise digitale Amnesie. Alte Fernsehsendungen gehen manchmal verloren, weil es an geeigneten Aufzeichnungsmedien mangelte (sprich die Datenträger sind inkompatibel geworden).42 Hier kommt das Web ins Spiel: Alte Bibliotheken und Archive zu digitalisieren und online zu schalten kann eine Lösung dafür sein. Wenn dies aber von Firmengiganten wie Amazon oder Google gemacht wird – ist es immer mit Vorsicht zu geniessen. Bücher sind nicht nur eine nostalgische Form der Bewahrung von Wissen. Es ist ein Medium, dass ohne elektronische Hilfsmittel gelesen werden kann. Es benötigt keine spezielle Dekodierungsmaschine (bis auf das Erlernen der Sprache), keine besondere Stromzufuhr oder Temperaturbedingungen. Ein Buch, das jemand haptisch besitzt kann keiner Zensur in einem (Google)-Ranking unterliegen. Dennoch überlegen immer mehr Universitäten, ob sie ihre Bibliotheken analog überhaupt noch weiter aufstocken sollen, da die Umstellung zu einem digitalisierten Archiv enorme Kosteneinsparungen im Hinblick auf Personal, Räumlichkeiten, usw. mit sich bringen würde. Wartezeiten und umständliche Wege würden sich für die StudentInnen erübrigen.

Es muss uns bewusst sein dass eine Bibliothek das Wissen unserer Gesellschaft beinhaltet. Es ist die Identität – die Geschichte der Menschheit. Sie bilden den Grundstock unseres kulturellen Gedächtnisses; Wer dieses Wissen besitzt, besitzt (oder kontrolliert) nicht nur die Vergangenheit sondern auch die Zukunft. Dieser Text soll keineswegs zu einer apokalyptischen Verschwörungstheorie werden, doch speist man dieses Wissen in den digitalen Datenstrom ein, unterwirft man die Daten zugleich den gegenwärtig vorherrschenden Situationen. Man muss hier Google nennen, im Bereich der Suchmaschinentechnologie hat das Unternehmen weltweit einen Marktanteil von mehr als 90%43 und besitzt somit beinahe Monopol-Status – und genau solchen Konstrukten händigt man Wissen damit aus – denn nur was ich wieder finde (Erinnerung / Google Ranking) kann ich auch als Information und Wissen für mich nutzen. Man weiss heute, dass individuelle Profile erstellt werden und Vorauswahlen für den User getroffen werden. Die für bestimmte Konzerne – als gewinnbringendes Gedankengut eingestufte Information – wird uns oben auf präsentiert (Google-Anzeigen). Konzerne die mit Information handeln und entscheiden, welche Informationen zu einem gewissen Thema rasch ersichtlich sind, bekommen eine politische Macht. Um bei Google zu bleiben: Die Datenkrake ist mit dem Erwerb der Firma „Boston Dynamics“ (siehe Video oben) – welches sich vor allem auf kybernetische Militärmaschinen spezialisiert – auch noch in anderen Disziplinen als der reinen Datenverarbeitung vertreten. Die Geschichte der Vergangenheit ist auch der Schlüssel für der Zukunft. Diese Information sollte auf keinen Fall aus der Hand gegeben werden. Wer Milliarden in Militärtechnik investiert und zugleich 90% aller Suchanfragen nach Information bekommt, hat vermutlich etwas zu viel Macht.

Internet Archive by Deepspeed Media / https://vimeo.com/deepspeed


Das Internet hat den Nutzer auch bequem gemacht. So versteht man wenn Schüler und ihre Lehrer keine Bibliothek aufsuchen, wenn zu jedem erdenklichem Thema tausende Treffer in Netz zu finden sind. Ein Buch muss man sich oft mühsam intellektuell erarbeiten. Das Buch kann nur dann konkurrenzfähig bleiben, wenn es ähnlich leicht erreichbar ist wie eine Website und über unseren Webrowser in das Haus kommt. Der Traum von der digitalen Bibliothek, die alle Bücher umfasst, ist der Traum der »Internet Archivs« (www.archive.org). Eine gemeinnützige Organisation, die sich in einem alten Militärgelände mitten in San Francisco befindet. Sie haben es sich zur Aufgabe gemacht, das Internet zu archivieren. Die sogenannten Mementos – das sind Momentaufnahmen von Webseiten – werden samt Bildmaterial, Programmiercode in regelmäßigen Abständen abgegrast und gespeichert. User-Beiträge, Filme, Tonaufnahmen, Bücher, Software – alles wird in vier Rechenzentren auf 20.000 Festplatten gespeichert. Im August 2014 erreichte die Sammlung eine Größe von 18,5 PetaBytes. In diesen Entwicklungen zeigt sich ausgelagertes Gedächtnis – das in sich ständig variierenden Formen – zu einem Sinnbild der modernen Medienkultur geworden ist: Die Cloud;

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