Performance von Marlene Hirtreiter
Aspekte des nomadischen Lebens
Wir sind aktuell
vernetzt
Mittels
codierten System
haben wir den Status der barrierefreien
Kommunikation erreicht. Ortsunabhängig, können wir uns mittels Kommunikationssystemen beinahe uneingeschränkt durch die Welt bewegen. Sei es das Internet, die Telefonie oder eine sonstige Schnittstelle, die unsere sprachlichen, schriftlichen oder visuellen Daten in ein Netzwerk einspeist. Mittels elektronischer Prothesen, die wir ständig bei uns tragen, sind wir zu »Cyber-Wanderer« geworden: Man beginnt sich über den Begriff des »Nomaden« Gedanken zu machen. Von außen betrachtet zeichnen sich Bewegungspattern der Menschheit ab: Heute sind wir »täglich« in Großstädten, »wöchentlich« im Fitnesscenter, »jährlich« im Urlaub oder aber auch »lebenslänglich« auf der Flucht (beispielsweise der politische Flüchtling) oder als Gastarbeiter unterwegs. „Aber selbst dieser lebenslängliche Wanderrhythmus etwa vom unterentwickelten Süden in Richtung Schlaraffenland entspricht nicht dem nomadischen Dasein, wie wir es bei Mongolen, Beduinen oder Zigeunern zu erkennen glauben. Daher ist die äußere Erklärung für das aufkommende Interesse am Nomadischen wahrscheinlich nicht treffend.“
1 Der Mensch ist heutzutage mobiler denn je, mehr und mehr Autos, gut vernetzte Flughäfen – auch gibt es einen Zuwachs in der Gastarbeiterstatistik und auch die Gesamtzahl der Flüchtlinge steigt: Wir bewegen uns also sprungartig und in großer Vielzahl – aus welchem Grund auch immer – um den Globus. Doch diese äußeren Statistiken (Fluggästestatistik, Autoanmeldungen, etc.) sind laut Flusser nicht der Grund, warum wir aktuell über das Nomadentum reflektieren: In uns ist etwas tiefergehendes aufgetaucht.
Sie unserer Schulzeit sind wir es gewohnt unsere Zeitspanne des menschliches Dasein (unsere Geschichte) in Epochen zu unterteilen. Konkret können wir das Holozän
2 in die uns wohlbehalten Kategorien der Stein-, Kupfer-, Bronze-, Eisen- und der Jetztzeit unterteilen. Signifikant an dieser Aufteilung sind mit Sicherheit ihre Betitelungen. Dadurch, dass das Material (das in der jeweiligen Ära eine zentrale Rolle spielte) in der Bezeichnung genannt wird, erhalten wir konkrete Information über die Werkzeuge (Kultur), die hergestellt wurden. Der andere bemerkenswerte Aspekt dieser Einteilung ist die zeitliche Skala, nach welcher diese Kategorisierung geeicht ist. Die Steinzeit (mit einer Dauer von rund zwei Millionen Jahren) steht der Eisenzeit (mit höchstens 5.000 Jahren) in den Büchern der Mittelschulaufteilung ebenbürtig gegenüber. „Die Skala ist eben von hier aus nach dorthin entworfen, und von hier aus gesehen ist das letzte Jahr ebenso lang wie die Milliarden von Jahren zwischen Big Bang und dem des Lebens auf Erden.“
3 Diese erfrischende Naivität im Vergleich zum akademischen Klassifizieren kann jedoch nicht aufrecht erhalten werden. Der Begriff des »Steins« ist nicht optimal gewählt, zumal auch andere Materialien, wie eben Kupfer, Bronze oder Eisen – rein geologisch betrachtet, der Kategorie des Gesteins zuzuordnen sind. Man müsste also eigentlich die gesamte Zeitspanne mit dem Begriff der »Steinzeit« versehen – also: Rund zwei Millionen Jahre Steinzeit und darauf folgend rund 20 Jahre »Immaterialzeit«? In dieser Aufteilung gehen Konsens und Aussagekraft verloren. Flusser schlägt eine eigene Unterteilung der Steinzeit vor: „[..] ältere Steinzeit bis zur Erfindung der Landwirtschaft, jüngere Steinzeit bis 1990.“
4 Ab 1990 können wir von der »Immaterialzeit« sprechen – damit ist Flussers Dreiteilung der menschlichen Zeitspanne komplett und erklärt mit dem Eintritt in die aktuelle dritte Zeitspanne zugleich unser aufkommendes Interesse für den Nomadismus – die Abkehr von der Sesshaftigkeit; Flusser selbst bezeichnet seine Kategorisierung als »empörend« – sie soll als hypothetischer Versuch verstanden werden, ein Modell der menschlichen Entwicklung zu generieren. Er verknüpft die Dreiteilung der Zeit mit drei signifikanten Entwicklungsstadien (von ihm »Katastrophen« genannt). Beginnen wir bei der älteren Steinzeit: Diese Ära beginnt mit der Menschwerdung und zeichnet sich vor allem (oder unter anderem) dadurch aus, dass die Benutzung von (steinernen) Instrumenten erlernt wurde. Die zweite Phase – also die jüngere Steinzeit bis 1990 – bekommt die Katastrophe der »Zivilisationsentstehung« zugeschrieben und äußert sich vor allem dadurch, dass Leben nun in Dörfern (Sesshaftigkeit) stattfindet. „Die dritte hat noch keinen treffenden Namen; sie äußert sich vor allem in der Tatsache, dass die Welt ungewöhnlich wird, also unbewohnbar.“
5 Nimmt man diese drei Zeitspanne (inklusive ihrer Katastrophen) nun rein hypothetisch als zutreffend hin könnte man die Menschheitsgeschichte wie folgt beschreiben:
Bei der Gattung des Menschen (dem homo sapiens sapiens inbegriffen) handelt es sich um eine Gattung des Säugetiers, welches jagt, nomadisiert und sammelt und sich aufgrund von Benutzung von Werkzeugen (und deren Herstellung) von anderen Arten der Gattung »Säugetier« unterscheidet.
Vor etwa 10.000 Jahren kam es zu einer drastischen ökologischen Veränderung: Das Klima wurde wärmer und transformierte brachliegende Steppen in dichte Waldlandschaften. Die Gattung des Menschen, starb nicht als jagende und sammelnde Spezies aus, sondern verwandelte die Wälder in künstliche Steppen zurück, begann Viehzucht und Ackerbau. „Aus Jägern und Sammlern wurden Landwirte und Viehzüchter und aus diesem Grund wurden sie sesshaft.“
6 Gegenwärtig – also in der dritten Kategorie unserer Zeitgeschichte angekommen – wird die Erdoberfläche (dabei ist es egal ob Steppe oder Wald) zur Unterlage von mehrdimensionalen Feldern (zB das elektromagnetische). Wir sind dabei, unser Dasein als Landwirt oder Viehzüchter aufzugeben und in eine erneut nomadisierende Lebensform zu wechseln. Man könnte also – ausgehend von der »Drei-Kastastrophen-Geschichte« – die zweite Zeitspanne als eine kurze (10.000 jährige) Phase / Unterbrechung unseres Nomadentums betrachten. Um nun die Sinnhaftigkeit einer solchen Behauptung (die Einteilung der Menschheitsgeschichte in Nomadentum/Sesshaftigkeit) zu bestätigen oder aber vielleicht auch zu entkräften, ist es nötig sich den beiden Daseinsformen phänomenologisch zu nähern.
SESSHAFT VS NOMADISIERUNG
Der grundsätzliche Charakterzug der »Sesshaftigkeit« ist die Statik. Es genügt eine Adresse um jemanden zu lokalisieren. Mit dem Nomadentum verhält es sich anders – die Zeit kommt ins Spiel und für eine Lokalisierung muss der Adresse noch ein Datum und eine Uhrzeit hinzugefügt werden. Beispielsweise sind die »Nenzen«
7 – ein nomadischen Rentierhirtenvolk im Nordwesten Sibiriens – in den Sommermonaten vermutlich in der Tundra, auf dem Weg zur Küste des Polarmeers, anzutreffen. Nun ist diese Unterscheidung aber nicht ganz so einfach: Auch der Sesshafte besitzt eine Zeitachse – er lebt und auch er stirbt; Der Nomade hingegen ist ebenso kein dauerhaft flüchtiges Phänomen, dass sich unaufhaltsam im Raum-Zeit Kontingent herumtreibt. Auch er braucht Rast, muss lagern; Trotzdem geben uns die Wurzeln der Worte eine Idee von der jeweiligen Stimmung der Lebensform: „[..] der Sitzende be-sitzt, der Fahrende er-fährt, oder dass der Sitzende in der Gewohnheit wohnt und der Fahrende Gefahr läuft.“
8 Diese Wortbeschreibungen dringen jedoch noch nicht zum Kern der Sache vor: es genügt nicht die Worte »sprichwörtlich« zu nehmen, das Phänomen dahinter muss betrachtet werden. Das Phänomen des »Sitzens« ist laut Flusser leichter zu beschreiben: Wir sehen Häuser, Dörfer und Felder. Das Phänomen des »Fahrens« jedoch, ist komplizierter zu betrachten, denn es gibt die verschiedensten Varianten dieses Phänomens: Jäger und Sammler »fahren« anderes als Hirten und diese wiederum bedienen sich beinahe vollständig unterschiedlichen Kriterien als die »Fahrenden« des Tourismus. Beginnen wir also mit der Sesshaftigkeit:
Wir können uns ein Dorf vorstellen (einen Häuserkreis) um einen Dorfplatz. Dabei sitzen die »Sesshaften« nicht nur auf ihrem Hintern, sondern sie verkehren. Sie bewegen sich von Haus zu Haus, wandern zum Dorfplatz, über den Hügel und hinunter zum Fluss um zu waschen oder Wasser zu holen. Diese Lebensform wird geregelt – etwa von der Polizei – und bildet somit das »zivilisierte Leben« (was in diesem Kontext mit dorfbewohnend gleichgesetzt werden kann). Zu den »Sesshaften« wurde historisch bereits endlos viel beschrieben: Die Viehzucht, der Ackerbau, die Entwicklung neuer Maschinen, das Prozedere der Dorfversammlung, etc.; Fest steht, die Bewegung innerhalb der Struktur »Dorf« erhält eine politische und somit kommunikative Note. Der Sesshafte saß bis vor kurzem nicht einfach in seinem Haus – er trat in Kontakt, eben von Haus zu Haus oder von Versammlung zu Versammlung und die Antwort für dieses Engagement finden wir heute wieder: „Nämlich, weil man sich zu hause bisher nicht informieren konnte. Leute, die Häuser bewohnen, ohne je durch die Türe zu gehen, waren bisher »Idioten«
9 im ursprünglichen griechischen Sinne dieses Wortes.“
10 Die Rede ist also von Leuten, die von der Welt nicht allzu viel wussten. Dank unserer technologischen Revolution, der Entwicklung hin zur Informationsgesellschaft (oder mit Flussers hypothetischen Worten: dem Eintritt der dritten menschlichen Zeitspanne/Katastrophe – der scheinbaren Unbewohnbarkeit der Erde), hat sich dies geändert. Informationen werden heute an Privathäuser verteilt, von ihnen aufgenommen, extrahiert, angereichert und weitergeleitet. Man könnte also „harsch“ behaupten, dass der Schritt in die Öffentlichkeit (das soziale Wandern von Haus zu Haus) überflüssig geworden ist – man könnte behaupten, dass der technologische Fortschritt ein »Sitzen« und »Sitzen bleiben« im wortwörtlichen Sinn möglich macht. Laut Flusser liegt aber gerade in dieser Behauptung ein wesentlicher Irrtum vor: Zwar wandert nun nicht mehr der Mensch, dafür aber die Information, die durch (materielle oder immaterielle) Kanäle zu uns wandert. „Es zieht im Haus von allen Seiten, die Orkane der Medien sausen hindurch, und es ist unbewohnbar geworden.“ Der Sesshafte zeichnet sich vor allem auch dadurch aus, dass er be-sitzt und hier kommt eine ungewöhnliche Eigenart des »Medien-Hauses« ins Spiel: Man kann nichts mehr besitzen, aller Besitz (Objekte des materiellen wie etwa Möbel) vermengen sich mit dem Einfluss des Immateriellen was in letzter Konsequenz zu einer Auflösung der Grenze zwischen öffentlich und privat führt. Flusser leitet aus diesem neuen Phänomen, der Unmöglichkeit mitten im »Sturm der Medien« einfach sitzen zu bleiben (ein privater »Idiot« zu sein) zwei Formeln ab:
„(1) Nicht mehr Besitz, sondern Information (nicht mehr Hardware, sondern Software) ist, was Macht ermöglicht, und (2) nicht mehr Ökonomie, sondern Kommunikation ist der Unterbau des Dorfes (der Gesellschaft).“
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DIE NEUE DASEINSFORM
Mit diesen beiden »Formeln« wird festgestellt, dass die sesshafte Daseinsform nicht mehr funktionell ist. Wir beginnen also in gewisser Weise zu »nomadisieren«. Der Nomade an sich ist mobil, er bewegt sich, weil er ein Ziel verfolgt. Diese Ziele können variieren – sei es nun die Rentierherde oder Schafe die zu einer gewissen Zeit, an einem bestimmten Ort, besonders gute Bedingungen (etwa Nahrungsaufnahme) haben; Unabhängig vom konkreten Ziel/Grund, ist das Fahren keineswegs beendet, wenn das Ziel erreicht wurde. Ziele sind immer nur Zwischenstationen und das Fahren eine zirkulierende und ziellose Methode. Im Gegensatz zum Sesshaften (dieser pendelt zwischen dem privaten und öffentlichen Raum) verfolgt der Nomade die Methode des offenen Schweifens. Flusser bedient sich an dieser Stelle einem metaphorischem Vergleich: „Wir Sesshaften haben die Pendelgesetze, aber nicht die Gesetze der Ausschweifung berechnet. Etwa so, wie wir die Gesetze des freien Falls der Steine, aber nicht das Wehen des Windes berechnet haben.“
13 Das nomadische Verhalten – die Wanderung durch Steppe und Wüste – verhält sich demnach wie die Wolke und der Wind. Das sesshafte Pendeln könnte laut Flusser mit der zeitlichen Struktur (Zyklus) von Sommer und Winter verglichen werden. „Jedenfalls ist für Nomaden der Wind, was für Sesshafte der Grund ist. Für uns Sesshafte ist am Wind ungemütlich, dass er zwar wahrgenommen, gehört, erfahren, aber nicht gefasst werden kann, dass er unbegreiflich ist.“
14 Der Wind hat also etwas gespenstisches und hat zudem eine starke Verbindung zu unserem Geist – der Wind auf den Mensch bezogen, lässt sich in der Atmung und in der Sprache wieder finden. Der Wind (also dem früher Unfassbarem, dem Ruf), dem die Nomaden folgten macht sich heute in einer neuen immateriellen Struktur sichtbar: Weg von der »heiligen« Berufung hin zur Software; Ebenso wie im Wind manifestiert sich in den immateriellen Codes unserer Gegenwart ein neuer Hang zum Nomadentum. Die Information durchfließt unsere Häuser, wird Bedingung für ein »zivilisiertes Leben« und wir können uns daher nur schwer entziehen. Dabei macht der »Daten-Wind« auch vor uns als Mensch nicht halt: Schon das frühe Christentum spricht vom »logos spermatikos« also dem samenstreuenden Wort und heute – im Zeitalter der »Immaterialität« – sprechen wir von der Zerstreuung unseres Geistes. „Die Welt erscheint uns als Streuung von Körnern, die vom Wind der Entropie immer gleichmässiger gestreut werden, aus denen sich zufällig Dünen bilden können, und der Mensch erscheint uns als jener Wind, der absichtlich zerstreute Körner rafft, um unwahrscheinliche Klumpen (Kultur) herzustellen.“
15 Die Welt heute, so könnte man also behaupten, ist zu einem unbewohnbarem Ort geworden und zwar deshalb, weil sich die Grenzen des Privaten und des Öffentlichen aufheben und weil wir es mit einer neuen Form des Windes – dem Informationswind – zu tun haben: Ein unbegreiflicher Ruf von allen Seiten, dem wir Folge leisten. Wir wandern akutell durch die Netzwerke, wir rezipieren und senden, wir engagieren uns und zerstreuen uns ohne das Haus zu verlassen – wir sind zu »digitalen« Nomaden geworden. Kehren wir zurück zu Flussers anfänglicher Dreiteilung der menschlichen Zeitspanne: In der älteren Steinzeit bekommen wir hinsichtlich Flussers Hypothese keine Probleme; In der älteren Steinzeit waren die Menschen typische Nomaden. In der zweiten Phase (der jüngeren Steinzeit) tauchen jedoch Probleme auf, denn nicht alle Menschen im Neolithikum
16 wurden sofort sesshaft, es kam zu einer Spaltung: Während die einen begannen ihre Felder zu bestellen, entschlossen sich die anderen in der Steppe umherzuziehen: Die Epoche kann als eine Dialektik zwischen dem »Sitzen« und dem »Fahren« gelesen werden. Die Nomaden ziehen umher und versuchen dabei absurderweise in die »Zivilisation« Einzug zu halten – sie wollen be-sitzen ohne zu sitzen. Die Sesshaften hingegen werden vom Wind der Erfahrung erfasst, sobald sie sich in die nomadische Daseinsform vorwagen. „Wer besitzt, erfährt nichts, und wer erfährt, besitzt nichts.“
17 Als Beispiel kann hier die Belagerung Wiens durch die Türken dienen, die als Nachklang zwischen den beiden konkurrierenden Kräften (salopp gesagt, dem Eindringen der Nomaden in die Zivilisation, bzw. dem verspüren der nomadischen Erfahrung seitens der Sesshaften), gelesen werden kann. Die heutige zeitliche Beschränkung, generiert durch fließende und sich ständig transformierende Winde aus Daten macht diese hypothetische Zweiteilung zwischen Besitz und Erfahrung überflüssig. Wo nichts Beständiges ist, wo alles im ständigen Wandel ist, kann nicht mehr von Besitz die Rede sein. Flusser sieht durch diesen Umstand seine Dreiteilung der Menschheitsgeschichte – hypothetisch – als korrekt an. Pessimistisch könnte man also sagen: Wir befinden uns gegenwärtig in Flussers beschriebener dritten Katastrophe, die – aufgrund von immateriellen Kommunikationskanälen hervorgerufen – eine Rückkehr zum Nomadentum darstellt.
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NACHGEDANKE
Nach diesem Exkurs ins hypothetische Nomadentum der technischen Moderne kehren wir zurück zur Arbeit »Super Video Home System Loops«. Wie wirkt sich das gezeigte Bild auf den Magnetbändern auf die gesamte Arbeit aus? Könnte man nicht einen fiktiven, archaisch anmutenden Charakter zeigen, der sich durch die Einöde bewegt und dabei auf ein auffallend andersartiges Gadget (eine technologische Prothese) vertraut. Wir haben über drei verschiedene Bild-Möglichkeiten reflektiert, die im Zusammenspiel mit dem Medium eine jeweils andere Wirkung und Aussage hervorrufen. Es ist jedoch immer leichter über abgeschlossene Arbeiten zu reflektieren. Die Erkenntnisse dieses Kapitels zeichnen sich ab: Der Mensch nutzt das Medium zur Kommunikation. Die stetige Weiterentwicklung führt zu einer immer größer werdenden Diskrepanz zwischen Technologie und dem menschlichen Bewusstsein dafür – dies so könnte man behaupten, mündet in der von Flusser beschriebenen »Unbewohnbarkeit« des Planeten. Öffentlicher und privater Raum verschwimmen, die Informationsflut überrennt uns und dennoch, schafft es der Mensch sich sehr schnell auf den Wandel einzustellen. Es bringt viele Annehmlichkeiten mit sich, vieles funktioniert schneller und einfacher. Dabei stellt sich jedoch die Frage, ob der Mensch ein gesundes Bewusstsein mit dem Umgang fortschreitender Technologien entwickeln kann, oder ob es uns einfach »überrennt« und wir unreflektiert das nutzen, was uns vorgesetzt wird. In diesem Zusammenhang soll nun ein eigenes (abgeschlossenes) Beispiel aus der künstlerischen Praxis herangezogen werden: Vampyroteuthis; Vielleicht kann uns diese Arbeit weiterhelfen, die künstlerische Entwicklung hinsichtlich Inhalt und formalen Aspekten zu fördern. Nun ist es so, dass uns das Thema des Speichern und Erinnerns schon einige Zeit beschäftigt. Die Arbeit »Vampyroteuthis« setzt sich ebenfalls mit dem Informieren von Gegenständen auseinander, verzichtet jedoch auf den Fokus eines bestimmten Mediums, sondern versucht den Menschen in seiner Eigenschaft als »Bewahrer und Speicherer« zu beschreiben. Als Grundlage für diese Arbeit diente ebenfalls ein Textauszug Flussers.
Der Mensch hat seit jeher versucht seine eigene Vergänglichkeit (sein vergessen werden) zu überwinden und bearbeitet harte Gegenstände um sie mit Information zu füllen.