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...passt sich die »erinnerte« Erinnerung auch unserer aktuellen Persönlichkeit an - demnach machen wir uns Erinnerungen »passend«; Wir fügen fehlende Stücke hinzu, lassen unpassende Dinge weg;

QUELLEN

12 vgl. Kunstforum Bd.128, Reck, S 84ff
13 zit.n Reck, S84
14 Ines Lindner, Zwischen Erinnerung und Vergessen, Kunstforum, S.116.

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SINNESKONSTRUKTE

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BESPRECHUNG DER GEDÄCHTNISSE

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KULTURELLES GEDÄCHTNIS

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Kehren wir nochmals zurück zum autobiografischen Gedächtnis (wir erinnern uns – es geht um die eigenen Erfahrungen). Beim autobiografischen Erinnern wird nur ein sehr kleiner Teil der Erinnerung gespeichert. Wir persönlich stellen uns das so vor: Das Gehirn speichert die Fakten immer gekoppelt mit emotionalen Stimmungen ab. Das heißt ,dass das »Speichern« und »Abrufen« ebenso stimmungsabhängig den Inhalt der Erinnerung stimmungsgebunden einfärbt. Auffällig dabei ist – je stärker die Emotion desto besser können wir uns an sie erinnern. Vor allem das Ende einer durchlebten Episode färbt die Erinnerung der gesamten Zeitspanne nochmals verstärkt ein. Haben wir also beispielsweise die letzten Tage eines mehrwöchigen Urlaubs als besonders angenehm empfunden (das Wetter war gut), so wird in unserem später wiederaufgerufenem Erinnerungskonstrukt der gesamte Urlaub (als Einheit empfunden) deutlich positiver wahrgenommen. Metaphorisch können wir Erinnerungen des autobiografischen Gedächtnisses als Inseln verstanden werden, die wir im Prozess des »Erinnerns« ansteuern und gegebenenfalls miteinander in Verbindung bringen (wir assoziieren). Dabei kommt der bereits zuvor angesprochene Aspekt der Modulationsfähigkeit unserer Erfahrungen zum tragen. Dadurch, dass wir uns Vergangenes vergegenwärtigen formt die Erinnerung auch unser Selbstbild und zugleich (oder im Umkehrschluss) passt sich die »erinnerte« Erinnerung auch unserer aktuellen Persönlichkeit an - demnach machen wir uns Erinnerungen »passend«; Wir fügen fehlende Stücke hinzu, lassen unpassende Dinge weg;

Um die gesellschaftliche »Entwicklung« von Erinnerung näher zu beschreiben, stellt sich zunächst die Frage nach Abhängigkeiten: Technische Medien, sowie unsere Kulturentwicklung ganz allgemein, resultieren in einer Beeinflussung oder sogar Veränderung unserer Erinnerung. Eine wesentliche Rolle dabei spielt der zeitliche Faktor: Erinnerung ist kein Kommunikationsprozess, bei dem feststehende Gehalte aus der Vergangenheit abgerufen werden. Das Erinnerte kehrt also nicht aus dem Vergangenen zu uns zurück, sondern es wird von uns in Gegenwart mit Eröffnung auf die Zukunft selbst konstruiert. Der Begriff der Zeit ist für Hans Ulrich Reck12 im Kontext des Erinnerns immer als Gegenwärtigkeit zu betrachten: „Als Hinsicht dessen, wofür man sich bestimmter Dinge vergegenwärtigt und worüber man anderen Gewähr bietet, versammelt sie Zukunft wie Vergangenheit in sich“.13 Der Literatur- und Medienforscher Gebhard Rusch stellte die Hypothese auf, dass Erinnerungen als Bewusstseinsphänomene der Wahrnehmung ähneln. Allerdings handelt es sich ihm nach dabei um einen Typ von Wahrnehmung bei dem sich die Zusammensetzung (Synthese der Erinnerung) nicht unmittelbar aus sensorischen Stimulationen rückschließen lässt. Die Erinnerung ähnelt dabei dem „Wiedererkennen“, jedoch mit der Einschränkung, dass charakteristische Kontexte sowie die bereits genannten Reize für unsere Wahrnehmungsorgane fehlen. Rusch bezeichnet „Erinnern“ daher als ein „Wiedererkennen ohne Objekt“.

Wir haben also unsere Erfahrungen die wir durchleben, dabei stehen uns bereits bei der »perception« nur beschränkte Möglichkeiten zur Verfügung: unsere Sinnesorgane. Wir können uns beim Erinnern nur auf den Fundus unserer eigenen (durchlebten) Informationen berufen, wir haben – wie Rusch anmerkt – kein Objekt zur Verfügung. Dadurch wird sofort eines ersichtlich: Die Verzerrung unserer episodischen Erinnerungen beginnt bereits bei der „Datenaufnahme“. Je nach dem, wie unsere Persönlichkeit ausgeprägt ist, je nach Interessen und abhängig vom Bewusstseinsniveau, gehen wir mit unterschiedlichen Augen, Ohren oder Händen durch die Welt. Unsere Erfahrungen wird in Abhängigkeit zu unserem subjektiven (oder gar unbewussten) Fokus geleitet. Auch unsere Gemütsverfassung spielt eine maßgebliche Rolle und beeinflusst die wahrgenommenen Eindrücke (doch dazu später mehr). „Erinnerung funktioniert nicht linear. In ihr bilden sich Kraftfelder und Beziehungsnetze aus. Nichts verhält sich eins zu eins. Jedes Erinnern überarbeitet, es ändert Konsistenz, Format, und Bezüge. Erinnerung reproduziert nicht bloß, sie produziert. Wenn man sich das Gedächtnis als Schauplatz dieser Tätigkeit vorstellt, so wäre der als Ort zu denken, an dem alles zugleich und doch nicht gleich verfügbar, ein Ort der Perspektivenwechsel, der Lücken, Sprünge, der Verknüpfungen“.14

Aus unserer subjektiven Sicht fällt auf, dass die Nacherzählung eines Ereignisses, beim ersten Mal und nach längerer Zeit etwas schwer fällt. Durch die Wiederholung wird unsere Erinnerung praktisch neu im Gehirn gespeichert (bzw die einzelnen Komponenten werden neu zusammengesetzt: konstruiert) und kann flüssiger wiedergegeben werden. Mann bekommt damit auch das Gefühl das das erzählte »wahrer« ist. Es ist ausserdem interessant, dass es unterschiedlichste »Abrufreize« gibt, die einen Erinnerungsvorgang starten lassen. Dies kann aktiv passieren (sprich ich will mich an etwas wieder erinnern), kann jedoch oft auch spontan hervorgerufen werden: z.B: wie Gerüche die uns an Situationen erinnern die meistens auch mit emotionalen Gefühlen in Verbindungen stehen. Das Gerüche als Inhaltsreize agieren ist meist in der ersten Lebensdekade ausgeprägter, in der zweite Lebensdekade überwiegt mehr das Wort und das Bild als Erinnerungsreiz. Natürlich gibt es noch eigenartigere Phänomene wie etwas das »Deja vu« aber eine solche Ausführung würde hier den Rahmen sprengen. Werfen wir jedech nochmals einen genaueren Blick auf den Prozess der Erinnerungsbildung (Sinneskonstrukte), dieses mal aus neurologischer Sicht;

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