GRUNDLEGENDE STRUKTUREN

CLOSE X

Wie entscheiden sich Menschen also, welche Informationen sie herstellen und welches Medium sie zur Konservierung wählen?

QUELLEN

62 zit.n. Flusser, Kommunikologie, S16
63 zit.n. Flusser, Kommunikologie, S16
64 vgl. Flusser, Kommunikologie, S20
65 zit.n. Flusser, Kommunikologie, S20

Empfohlene Hyperlinks

CLOSE

/

DER DISKURS

/

DIALOGE

/

EIGENE ANMERKUNGEN ZUR MEDIENKULTUR

/

ZUKUNFSTSZENARIEN

GRUNDLEGENDE STRUKTUREN

Wie entscheiden sich Menschen also, welche Informationen sie herstellen und welches Medium sie zur Konservierung wählen? Flusser gibt hierzu eine schematische Antwort: „Um Informationen zu erzeugen, tauschen Menschen verschiedene bestehende Informationen aus, in der Hoffnung, aus diesem Tausch eine neue Information zu synthetisieren.“62 Hinsichtlich dieses Zitats sprechen wir von einer »dialogischen« Kommunikationsform. „Um Informationen zu bewahren, verteilen Menschen bestehende Informationen, in der Hoffnung, dass die so verteilten Informationen der entropischen Wirkung der Natur besser widerstehen.“63 Diese Definition beschreibt laut Flusser die »diskursive« Kommunikationsform. Es gibt diese zwei Arten der Kommunikation, die in vielschichtigen Abstufungen und Schattierungen seit Anbeginn der Menschheit – zwar stark variieren – jedoch immer bestanden haben.

Beide Kommunikationsformen sind voneinander abhängig und stehen in Relation zueinander. Damit ein »Dialog« entstehen kann, müssen bereits Informationen verfügbar sein, d.h. Bedingung eines Dialoges ist, dass die Beteiligten bereits Wissen besitzen, dass sie durch vorherig statt gefundene Diskurse angesammelt und gespeichert haben. Mit dem »Diskurs« verhält es sich gespiegelt: Damit ein solcher entstehen kann, muss der Verteiler der Information (man spricht hier vom »Sender«) bereits über Information verfügen, die zuvor in einem Dialog hergestellt wurde. Die Grenze dieser beiden Kommunikationsformen ist unscharf und hängt vom Abstand und der Perspektive des Betrachters ab. Nimmt man exemplarisch ein wissenschaftliches Buch und betrachtet dies isoliert, so kann es als ein Diskurs interpretiert werden. Setzt man es in Relation zu anderen Publikationen (eines spezifischen Themas), so kann das Buch als Teil eines Dialoges verstanden werden. Betrachtet man unsere gegenwärtige Kommunikationssituation – gemeint ist hier die vernetzte Informationsgesellschaft mit all ihren Möglichkeiten der rapiden Wissensanrufung – so tritt eine auffällige Entwicklung zu Tage: Es wird immer schwieriger echte Dialoge herzustellen – das Internet ist voll von hervorragenden Diskursen und macht somit den Dialog nicht nur schwieriger bzw. unmöglich sondern auch unnötig.

Flussers Kommunikationsthesen
Laut Flusser, ist es die Absicht des Menschen mittels Kommunikation (künstlicher Vorgang, bestehend aus Codes und Symbolen), die Einsamkeit zu überwinden und dem Leben Bedeutung zu verleihen. Dies kann jedoch nur gelingen, wenn sich »Dialog« und »Diskurs« im Gleichgewicht halten. Herrscht, so wie gegenwärtig, der »Diskurs« vor, so fühlen sich die Menschen trotz ihrer permanenten Verbindung zu Informationsquellen (Sender) einsam. In Zeiten (vor der Datenrevolution), in denen der dörfliche Dialog die Überhand hatte, fühlten sich die Menschen trotzdem einsam – sie waren von ihrer eigenen »Geschichte« abgeschnitten. Nun ist die Unterscheidung zwischen »Dialog« und »Diskurs« eine sehr allgemeine Methode und vermag es nicht unsere gegenwärtige Lage vollends zu erfassen. Widmen wir uns also zunächst dem »Diskurs« und versuchen diesen näher zu klassifizieren. Vergleicht man einen Kinobesuch mit einer Märchenerzählung der Großmutter, so wird klar, dass es sich nicht um die gleiche Form des »Diskurses« handelt. Einerseits wird natürlich ein Unterschied in der Botschaft (Semantik) deutlich – beispielsweise Science-Fiction Film vs Märchen. Desweiteren kann man eine Differenz in der Strukturierung (Syntax) der beiden Diskursformen entdecken: Im Kino sitzt der Rezipient bewegungslos und für eine gewisse Zeitspanne (die Dauer des Films) fest. Das Kind hingegen, kann mit dem Diskurs der Großmutter interagieren – es kann Fragen stellen. Aufgrund dieser Kategorien (Semantik & Syntax) wird es möglich den Diskurs weiter zu unterteilen. 64

Grundsätzlich kann der Prozess des »Diskurses« in vier Hauptmodelle unterteilt werden. Der Diskurs als Vorgang birgt unterschiedlichste „Gefahren“ – zum einen müssen die Sender von Diskursen darauf achten, dass die zu sendende Information »rein» bleibt, sie darf also nicht durch Störungen (zB Geräusche) deformiert werden. Ein Diskurs wird mit der Absicht geführt Informationen zu übermitteln, daher muss die »Treue« zur ursprünglichen Information bewahrt werden. Eine andere Gefahr ist im Gedächtnis (Speicher) des Empfängers zu suchen. Damit ein Diskurs erfolgreich ist, muss Information so verteilt werden, dass sie im Gedächtnis des Empfängers auf eine solche Art und Weise eingelagert werden, so dass dieser zukünftig selbst zu einem »Sender« werden kann. Das bedeutet, dass ein Diskurs auch »fortschreitend« sein muss um einen Informationsfluss herzustellen. „Diese beiden Aspekte sind problematisch, weil sie einander gewissermaßen widersprechen. »Treue« zur Information und »Fortschritt« der Information sind schwer miteinander zu vereinbaren.“65 Dieser Widerspruch in der Informationsweitergabe kann rein objektiv betrachtet (zB mit den Augen der Informatik), als eine Frage nach Input und Output gelesen werden. Nimmt man eine subjektive Position ein, wird es zu einem politischen Thema.

GRUNDLEGENDE STRUKTUREN

CLOSE X