Super Video Home System Loops
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[..]so ergeben sich neue Kontexte im Bezug auf das VHS-Medium im Ausstellungskontext. Das Medium steht in seiner heutigen Einfachheit, für eine Zeit, die sich dem Amphitheaterdiskurs widersetzte.
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Erstes Experiment für die Videoinstallation »SUPER VIDEO HOME SYSTEM LOOPS«
Super Video Home System Loops
Als Einführung ein kurzer historischer Exkurs: Der S-VHS Standard wurde 1987 von der Firma JVC für den Zweck des "Heimvideos" eingeführt. VHS setzte sich als Standard für private Video-Magnetbandaufzeichnungen durch und wurde – trotz Entwicklung besserer analoger Systeme – erst durch ein digitales System (der DVD) abgelöst. Nachdem VHS etwa zwanzig Jahre lang das marktführende Heimvideo-System gewesen war, wurde es ab etwa 2000 nach und nach von der digitalen DVD abgelöst. Ab etwa 2003 wurden mehr DVD- als VHS-Videos verkauft. Am 28. Oktober 2008 kündigte JVC die Einstellung der Produktion von Geräten dieses Formates an. Schließlich gab der letzte große Hersteller von VHS-Kassetten, Distribution Video & Audio Inc., der L.A. Times am 22. Dezember 2008 das Ende der Produktion zum Jahresende bekannt. Die Arbeit »Super Video Home System Loops« besteht im wesentlichen aus einer manipulierten VHS-Kassette, die das Band nicht wie üblich von Spule A nach Spule B führt, sondern einen in sich geschlossenen Loop bildet. Das »Tape« kann somit frei durch den Raum geleitet werden und wird vom Videorekorder in einer ewigen Zirkulation vorangetrieben. Durch die Manipulation der Videokassette hängt sie in einer Endlosschleife fest; Bild und Ton werden auf dem Magentband (Datenträger) gespeichert. Das Band besteht aus magnetisierbarem Kunststoff. Dabei stellten sich vor allem hinsichtlich des Materials interessante Fragen: Wie gelingt es das empfindliche Band zu bearbeiten ohne es sofort zu zerstören. Magnete, Wärme und Feuchtigkeit wurden wiederholt und in unterschiedlichen Dosen auf das Band angewandt. Durch all diese Parameter wird das Band teilweise gelöscht, verformt und letztendlich umgebildet. Die gespeicherte Information auf dem Magnetband wird - wenn auch nur teilweise gelöscht - zu einer neuen audiovisuellen Komposition ummodelliert. Durch wiederholendes Durchführen dieses Experiments ergeben sich neue Erkenntnisse - das Experiment wird zur Methode des künstlerischen Ausdrucks. Soweit zu den ersten Versuchen mit dem veralteten Medium. Der Lebenszyklus der Videokassetten erscheint enorm kurz. Boomte das Geschäft in den 90er Jahren – beinahe jeder Haushalt besaß ein solches Abspielgerät – ist es heute schon beinahe wieder in Vergessenheit geraten. Technischer Fortschritt erzeugt neue Datenträger und verdrängt veraltete Systeme. Das gespeicherte Wissen kann dann verloren gehen. Diese Perspektive, das Medium als ephemere Erscheinung wahrzunehmen, interessiert uns sehr. Stellen wir uns nochmal die Hängung eines funktionierenden VHS-Players im Ausstellungskontext vor: Das Magnetband läuft sanft und ruhig auf Nägeln in der Wand geschient, ein Beamer projiziert das Bild. Die Frage die sich unweigerlich stellt, ist nun die Art des Bildes das projiziert wird.
GEDANKEN ZUR PRAXIS
Man könnte sich nun ein Video vorstellen, welches rein digital erstellt wurde – nehmen wir an wir sehen künstliche Körper, flächendeckende Symbole des digitalen Zeitalters. Sehen wir das Video als Collage an, die versucht den digitalen Zeitgeist einzufangen; Nun stellt sich uns die Frage, welche Bedeutung durch das Abspielgerät – in diesem Fall ein antiquiertes Video Home System – generiert wird. Bringt es uns nicht einen Schritt weiter? Wir zeigen digitale Bilder, produziert von elektronischen Gedächtnissen und wir verlagern diese Projektion in ein altes Abspielgerät. Die Endlosschleife des VHS-Players hält die digitalen Konstruktionen gefangen, es löscht sie nicht nur nach und nach sondern zwingt sie in eine ewige Repetition. Dadurch entheben wir das Video-System aus dem Kontext des Fernsehens. Die, die das Fernsehen lenken, sind nicht an einer aktiven Partizipation des Konsumenten interessiert, das ist im Bereich des Fernsehens auch nicht möglich; Durch die VHS-Kassette und dem dazugehörigen Rekoder, änderten sich ähnlich wie bei Gutenberg-Galaxis und Internet die Partizipation Verhältnisse. Der Rekorder erweitert die Fähigkeit des Konsumenten und lässt ihn bis zu einem gewissen Grad zum Sender werden. Die amerikanische Undergroundszene im Bereich des VHS ist dafür ein gutes Beispiel: Stehen wir heute dem VHS-Medium schon nostalgisch gegenüber, haben uns in den Lo-Fi-Look verliebt, war es in den 80er Jahren noch eine kleine Medienrevolution. Man konnte relativ günstig eigene Videos verwirklichen, diese schneiden, Kassetten überspielen und generell editieren. Videos konnten leicht verbreitet werden. Es ergaben sich also neue Methoden zur freieren Nutzung mit dem Medium des Videos, der Konsument emanzipiert sich. Behält man dies im Hinterkopf, so ergeben sich neue Kontexte im Bezug auf das VHS-Medium im Ausstellungskontext. Das Medium steht in seiner heutigen Einfachheit, für eine Zeit, die sich dem Amphitheaterdiskurs widersetzte. Heute hat es sich zu einem vintage-ähnlichen Kultobjekt gewandelt: Qualitative Störungen und Defizite werden heute im digitalen Video teilweise künstlich nachgestellt (mit 16mm oder Super 8 Film verhält es sich ähnlich) um eben diesen »Look« zu erhalten. In einer immer perfekter wirkenden Welt, in der Präzession vorherrscht und an technische Standards angelehnt ist, werden also Fehler nachträglich absichtlich eingeführt um Sympathie oder Nostalgie zu erzeugen. Die damalige Message des Mediums scheint verloren gegangen zu sein. Es gibt viele Beispiele aus dem Bereich der Kunst, die sich mit diesem Phänomen auseinandersetzen und es soll hier noch ein Beispiel angeführt werden um den Status der Antiquiertheit eines Mediums noch näher zu beschreiben.